Auswahl aus einem großen Zyklus
Wie kann man ein fotografisches Projekt in einer fremden Stadt angehen, wie kann man ihre Bilder begreifen, wenn man nicht im Dienste einer touristischen Klischee-Industrie arbeiten will? Ich bin ratlos, und wir lassen uns treiben, indem wir den visuellen Hinweisen folgen, die sich uns bieten.
Für die Ausstellung »De-Regulation« schlage ich einen visuellen Essay über Istanbul vor, einen Essay, dessen Bezug zu Kutlug Atamans Videoarbeit weder illustrativ noch anekdotisch ist. Anstelle einer kunsthistorischen oder repräsentativen Form der Kontextualisierung arbeitet dieser visuelle Essay daran, ein Thema zu erschließen. Mein allgemeines Interesse gilt der Frage, wie ein Bild als Prozess entsteht, und nicht als Darstellung von etwas, das es bereits gibt. Meine Wahrnehmung und meine Erinnerung der Arbeit, die stattgefunden hat, konstituieren sich in der Regel in Foto-Zyklen oder in -Sequenzen, selten in Einzelbildern. Diese Bilder folgen nicht immer der Logik eines klar umrissenen Arguments, sondern sie kreisen umeinander und entwerfen einen thematischen Gegenstand. Indem scheinbar triviale und alltägliche Bilder mit politisch, religiös und kulturell aufgeladenen Darstellungen konfrontiert werden, können sie eine Reihe von neuen Bedeutungen erhalten. Mein Interesse an einer Zusammenstellung hat daher nichts mit einer authentischen Rekonstruktion der ursprünglichen räumlichen Anordnung in situ zu tun, sondern mit dem Verlassen des Regimes der authentischen Repräsentation und dem Eintreten in einen anderen Kontext.
Wenn man sich nicht sicher ist, welche Folgen es hat, wenn man mit je einem Fuß auf verschiedenen Kontinenten steht, entwickelt man in diesem Zustand vielleicht große und unerwartete Kräfte. Genau in einer solchen Spannung lebt die urbane Fiktion von Istanbul. Wie verhält man sich in einer solchen Fiktion, wie spricht man sie – in welcher Sprache, durch welche Brille von einem kulturellen Bewusstsein und schließlich welche Geschichten würden hier erzählt werden?
In einer Stadt, deren Wahrnehmung sich aus so vielen Klischees konstituiert, ringt man um andere Bilder und Begriffe, in der Hoffnung, ein Ergebnis zu vermeiden, bei dem die Vorurteile des Betrachters bestätigt oder widerlegt werden. Das Umherschweifen in ausgewählten Stadtvierteln bedeutete für uns die Erfahrung einer lustvollen Suche nach dem Urbanen sowie die Akzeptanz seiner zahlreichen, undefinierten Lücken. Während ich fotografiere, verleihen wir in unseren Diskussionen den urbanen Formationen unsere Definitionen.
Der hier gezeigte Fotozyklus folgt keinem bestimmten Ziel, sondern wird von unseren unterschiedlichen Interessen geleitet: Das, was sich als bedeutsam erweist, wird oft aus der Nebensächlichkeit in den Vordergrund gestellt. Wir sind auf der Suche nach einem Phantasma des Konflikts und stellen schließlich fest, dass dieser nicht nur auf einem Kontinent angesiedelt ist, sondern ebenso von interkontinentalen Kräften zerrissen wird.
Für die Ausstellungen: DE-REGULATION with the work of Kutlug Ataman, kuratiert von Irit Rogoff, MuHKA Antwerp (März–Mai 2006) und Herzlija Museum Tel Aviv (Dezember 2006–Februar 2007)
(Leica M6, Summilux 1:1,4/50, Fuji-Provia 100F, gescannt vom Dia)
Auswahl aus einem großen Zyklus
Wie kann man ein fotografisches Projekt in einer fremden Stadt angehen, wie kann man ihre Bilder begreifen, wenn man nicht im Dienste einer touristischen Klischee-Industrie arbeiten will? Ich bin ratlos, und wir lassen uns treiben, indem wir den visuellen Hinweisen folgen, die sich uns bieten.
Für die Ausstellung »De-Regulation« schlage ich einen visuellen Essay über Istanbul vor, einen Essay, dessen Bezug zu Kutlug Atamans Videoarbeit weder illustrativ noch anekdotisch ist. Anstelle einer kunsthistorischen oder repräsentativen Form der Kontextualisierung arbeitet dieser visuelle Essay daran, ein Thema zu erschließen. Mein allgemeines Interesse gilt der Frage, wie ein Bild als Prozess entsteht, und nicht als Darstellung von etwas, das es bereits gibt. Meine Wahrnehmung und meine Erinnerung der Arbeit, die stattgefunden hat, konstituieren sich in der Regel in Foto-Zyklen oder in -Sequenzen, selten in Einzelbildern. Diese Bilder folgen nicht immer der Logik eines klar umrissenen Arguments, sondern sie kreisen umeinander und entwerfen einen thematischen Gegenstand. Indem scheinbar triviale und alltägliche Bilder mit politisch, religiös und kulturell aufgeladenen Darstellungen konfrontiert werden, können sie eine Reihe von neuen Bedeutungen erhalten. Mein Interesse an einer Zusammenstellung hat daher nichts mit einer authentischen Rekonstruktion der ursprünglichen räumlichen Anordnung in situ zu tun, sondern mit dem Verlassen des Regimes der authentischen Repräsentation und dem Eintreten in einen anderen Kontext.
Wenn man sich nicht sicher ist, welche Folgen es hat, wenn man mit je einem Fuß auf verschiedenen Kontinenten steht, entwickelt man in diesem Zustand vielleicht große und unerwartete Kräfte. Genau in einer solchen Spannung lebt die urbane Fiktion von Istanbul. Wie verhält man sich in einer solchen Fiktion, wie spricht man sie – in welcher Sprache, durch welche Brille von einem kulturellen Bewusstsein und schließlich welche Geschichten würden hier erzählt werden?
In einer Stadt, deren Wahrnehmung sich aus so vielen Klischees konstituiert, ringt man um andere Bilder und Begriffe, in der Hoffnung, ein Ergebnis zu vermeiden, bei dem die Vorurteile des Betrachters bestätigt oder widerlegt werden. Das Umherschweifen in ausgewählten Stadtvierteln bedeutete für uns die Erfahrung einer lustvollen Suche nach dem Urbanen sowie die Akzeptanz seiner zahlreichen, undefinierten Lücken. Während ich fotografiere, verleihen wir in unseren Diskussionen den urbanen Formationen unsere Definitionen.
Der hier gezeigte Fotozyklus folgt keinem bestimmten Ziel, sondern wird von unseren unterschiedlichen Interessen geleitet: Das, was sich als bedeutsam erweist, wird oft aus der Nebensächlichkeit in den Vordergrund gestellt. Wir sind auf der Suche nach einem Phantasma des Konflikts und stellen schließlich fest, dass dieser nicht nur auf einem Kontinent angesiedelt ist, sondern ebenso von interkontinentalen Kräften zerrissen wird.
Für die Ausstellungen: DE-REGULATION with the work of Kutlug Ataman, kuratiert von Irit Rogoff, MuHKA Antwerp (März–Mai 2006) und Herzlija Museum Tel Aviv (Dezember 2006–Februar 2007)
(Leica M6, Summilux 1:1,4/50, Fuji-Provia 100F, gescannt vom Dia)